Montag, 28. April 2014

Hirntod wird vermutet, was können Sie als Angehörige tun?

Hirntod wird vermutet, was können Sie als Angehörige tun?


Sie sind völlig ratlos: Da ist ein Angehöriger verunglückt oder sehr schwer erkrankt und die Ärzte möchten von Ihnen die Zustimmung zur Organentnahme. Begründet wird dies, dass bei dem Patienten der Hirntod eingetreten sein könnte, von dem es keine Rückkehr zum Leben mehr gäbe.

Ich möchte an dieser Stelle nicht näher auf die Probleme mit der Hirntod-Diagnostik eingehen, sondern einfach nur beschreiben, was Sie als Angehörige tun könnten, um eine Entscheidung pro oder kontra Organentnahme treffen zu können.

Bitten Sie die Ärzte um drei Tage Zeit. In dieser Zeit passiert Ihrem Angehörigen nichts, denn noch "hirntoter" kann dieser nicht werden. Das schlimmste, was eintreten könnte, wäre der körperliche Tod und dann hat Ihr Angehöriger das selbst so entschieden und Sie sind mit Ihrer Trauer an seiner oder ihrer Seite.

Für das Krankenhaus sind solche drei Tage zwar ein Kostenfaktor, aber falls Sie sich entscheiden, die Organe des Angehörigen zur Transplantation frei zu geben ist das so ein riesiger kommerzieller Erfolg für das Krankenhaus, dass darauf gerne gewartet wird.

Aber worum es mir eigentlich geht ist etwas ganz anderes. Ich selbst habe es erlebt, dass mein Ehemann nach der Hirntod-Diagnose wieder zu sich gekommen ist und sogar erzählen konnte, wie er diese Zeit erlebt hat. Deshalb denke ich, es ist jede Mühe Wert, sich selbst vom wirklichen Tod des Menschen, der vor einem liegt selbst zu überzeugen und ihm, sollte er nicht wirklich tot sein, die Gelegenheit zu geben, dies durch Lebenszeichen zu signalisieren, wie das bei meinem Mann so gewesen ist.

Was können Sie tun?

Das Gehirn zeigt keinerlei Reaktionen mehr, weder auf Schmerz, noch ein Erkennen von Personen. Es ist jedoch nicht feststellbar, ob im Gehirn noch irgendwelche Reize ankommen oder ob der Kranke einfach nicht auf diese reagieren kann. Es kann jedoch gelingen, solche Reaktionen zu trainieren - falls der Angehörige nicht wirklich tot ist.

Kranke reagieren am ehesten auf ganz enge Angehörige und deshalb sollten Sie sich sehr viel Zeit nehmen. Setzen Sie sich an das Bett, das geht auch auf der Intensivstation, lassen Sie sich da nicht abwimmeln. Dann reden Sie mir dem Angehörigen, so als ob er alles klar verstehen kann. Halten Sie seine Hände, sofern das geht, wenn nicht irgend welche Verletzungen dagegen sprechen. Streicheln sie die Innenseiten der Arme, ganz sanft oder auch mit einer weichen Bürste. Wenn es geht, machen Sie das am gesamten Körper und mindestens drei Mal jeden Tag, es kann gar nicht lange genug sein.

Am ersten Tag sehen Sie wahrscheinlich keine Reaktion, wenn der Patient in künstlichem Tiefschlaf liegt und Schmerzmittel gegeben wurde ist die Reaktion auch beeinträchtigt. Aber Sie können darum bitten oder mindestens nachfragen, ob und welche Medikamente gegeben werden und um Absetzung bitten - tot ist schließlich tot, oder nicht?

Am zweiten Tag beobachten Sie genau die angeschlossenen Messgeräte: schlägt eines davon aus, wenn Sie reden, wenn Sie den Patienten anfassen? Sie können auch die Füße sanft bewegen, die Hände, den Rücken streicheln oder massieren, immer vorausgesetzt, es sind keine offenen Wunden da.

Und ganz wichtig: reden Sie mit dem Angehörigen. Sagen Sie, dass er Ihnen ein Zeichen geben soll, ob er weiter leben möchte und sagen Sie ihm aber auch, wenn er lieber sterben möchte, würden Sie auch das verstehen und von im Abschied nehmen in den nächsten Tagen.

Wenn Sie nach drei Tagen den Eindruck haben, das eine winzig kleine, minimale Reaktion da war, dann bitten Sie um weitere drei Tage. Der Patient sollte so oft, so lange, so intensiv angesprochen und berührt werden wie irgend möglich. Nur so wird die Reiz-Weiterleitung trainiert und diese Reize werden nach außen wieder sichtbar.

Wenn das Gehirn über Stunden oder Tage nicht stimuliert wird, kann es sein, dass immer mehr Gehirnzellen zugrunde gehen und dann tatsächlich nur noch ganz tiefsitzende Zentren ihre Arbeit verrichten. Deshalb ist es wichtig, so früh wie möglich mit einer Kontaktaufnahme zu beginnen.

Sollte sich der Zustand nicht verbessern, können Sie sicher sein, dass jetzt Ihre Entscheidung für oder gegen eine Organentnahme kommen muss. Für mich ist eine Organentnahme ein Ausschlachten eines heiligen Wesens und absolut nicht akzeptabel. Aber das muss jeder, auch Sie, ganz persönlich entscheiden.

Ich wünsche Ihnen viel Kraft und bedanke mich dafür, dass Sie meine Worte aufmerksam gelesen haben.

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